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Fallbeispiel: Ida M.

Ida M. kommt aus einem kleinen Dorf im Kreis Plön und studiert Empirische Sprachwissenschaft und Islamwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie engagiert sich als Tandem-Partnerin bei kulturgrenzenlos e.V. in Kiel für die soziale Integration von Geflüchteten. 

Ida
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rothaarige Frau
Frau mit Brillen

Verena S. kommt aus Würzburg und lebt seit neun Jahren in Kiel. Sie studiert Soziologie und Pädagogik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 

 

INTERPRETATION

Ich denke, dass es bei uns in Deutschland normal ist, dass man Geschenke oder auch etwas zu essen mitbringt und dass es eigentlich nur eine nette Geste ist, beziehungsweise auch so üblich ist. Ich vermute, dass es da einfach einen kulturellen Unterschied gab. Die Frau, bei der Ida eingeladen war, hat das wahrscheinlich als einen Angriff gesehen, weil sie ja diejenige ist, die eingeladen hat.

Ich hätte wahrscheinlich ähnlich reagiert wie Ida, weil man in dem Moment ja auch nicht direkt fragen will, wieso es da irgendwie zu einem Missverständnis kam. Das ist einem ja auch irgendwie unangenehm, demnach versucht man dann wahrscheinlich die Situation so gut es geht zu überspielen oder anderweitig damit umzugehen.

Interpretationen
lächelnde Frau

Vara H. kommt aus Syrien und ist seit 2014 in Deutschland. Sie studiert Elektrotechnik und Informationstechnik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

 

INTERPRETATION

Die Situation ist mir nicht neu, weil ich aus Syrien komme. Ida sollte sich zu Hause keine Arbeit machen, sondern einfach nur kommen, um zusammen zu essen. Ich glaube deshalb schon, dass  kulturelle Unterschiede für diese "unangenehme" Situation gesorgt haben. In Syrien erwartet der Gastgeber nicht, dass die Gäste etwas mitbringen. Falls sie dennoch etwas mitbringen wollen,  ist es aber auch kein Problem. Wir nehmen es an und bedanken uns bei der Person.

Wenn ich in Syrien zu einer Einladung gehe und Zeit habe, mache ich manchmal auch etwas und bringe es mit. Wenn jemand aus unserer Familie mich einlädt, frage ich, ob sie Hilfe braucht. Wenn ja, gehe ich zu ihr und wir kochen zusammen. Wenn ich aber zu jemandem gehe, der fremd ist, oder den ich noch nicht so gut kenne, bringe ich meistens Blumen oder etwas wie Süßigkeiten – eine spezielle, syrische Süßigkeit – mit, weil das passender für mich ist. In dem Fall würde ich zum Beispiel nichts Gekochtes mitbringen.

An Idas Stelle hätte ich vielleicht erwähnt, dass ich Zeit hatte und deswegen den Salat gemacht habe und ich nur möchte, dass die Gastgeber es probieren.

lächelnde Frau

Roaa B. kommt aus Syrien und ist seit 2015 in Deutschland. An der Universität in Damaskus hat sie vor ihrer Flucht nach Deutschland drei Semester BWL studiert. 2019 hat sie ein Informatikstudium an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel begonnen.

INTERPRETATION

Meiner Meinung nach liegt es daran, dass sie aus unterschiedlichen Kulturen kommen. Ich finde das Verhalten von Ida nicht schlimm, weil sie nicht so viel über die syrische Kultur weiß. Wenn mir etwas Ähnliches in Deutschland passiert, dann erkläre ich dem deutschen Counterpart die Situation. Leider ist es in Syrien nicht gewollt, dass irgendjemand etwas mitbringt. Deshalb akzeptieren wir das in unserem Heimatland unter arabischen Leuten auch nicht, weil alle wissen, dass sie nichts mitbringen sollen. Wenn Essen mitgebracht wird, fühle ich mich nicht so wohl, weil ich genug Essen habe und wenn ich irgendjemanden einlade, dann soll die Person einfach nur kommen. Süßigkeit und Blumen kann man mitbringen, aber nicht Essen, das geht nicht. Auf keinen Fall.

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