Fallbeispiel: Anna K.
Interpretationen
Ida M. kommt aus einem kleinen Dorf im Kreis Plön und studiert Empirische Sprachwissenschaft und Islamwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie engagiert sich als Tandem-Partnerin bei kulturgrenzenlos e.V. in Kiel für die soziale Integration von Geflüchteten.
INTERPRETATION
Ich kann mir vorstellen, dass Anna es aus Deutschland gewohnt ist, für Dinge, die man beim Reisen erhält, zu bezahlen. Deshalb entstand vielleicht die Reaktion am Ende, dass sie der Person Geld geben wollte. Die Verwirrung kann ich auch verstehen, weil es natürlich merkwürdig ist, wenn man etwas bekommt und nicht weiß, was das sein soll. Was ich nicht ganz verstehe: Es war ja anscheinend ein internationaler Reisebus. Warum gab es dann keine Beschreibung auf Englisch? Das finde ich ein bisschen kritisch, vielleicht entstand dadurch die Verwirrung.
Berfin H. (38) flüchtete als Kind mit ihrer Familie aus den kurdischen Gebieten der Türkei nach Deutschland. Nach einer Ausbildung zur Arzthelferin holte sie ihr Abitur nach und studierte Soziale Arbeit. Seitdem arbeitet sie als Sozialpädagogin. Sie hat zwei Kinder und lebt mit ihrem Lebensgefährten in Bayern. Berfin fliegt regelmäßig in die Türkei zu Freunden und Familie.
INTERPRETATION
Ich denke, dass Anna einfach "Kolonya" (Kölnisch Wasser) bekommen hat. Gerade in den Sommermonaten oder bei Wärme machen das viele Busunternehmen aus Freundlichkeit. Erstens erfrischt es und zweitens desinfiziert es. Zwei Fliegen mit einer Klappe. :)) Anschließend haben sie Wasser zur Erfrischung bekommen. War wahrscheinlich alles im Preis inbegriffen. Sowas steht dann nicht extra irgendwo geschrieben, aber in heißen Sommermonaten gibt es eigentlich immer gratis Wasser in den Bussen.
Mustafa E. (29) kommt aus der Türkei und lebt seit 2017 zusammen mit seiner Frau in Deutschland. Er hat in Konya Jura studiert und möchte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel weiter Jura studieren.
INTERPRETATION
Die Busreisen in der Türkei haben ein eigenes, besonderes System. Es gibt neben dem Fahrer noch einen Helfer. Dieser Helfer hat mehrere Aufgaben. Er begrüßt zum Beispiel die Reisenden und bietet ihnen Kolonya, eine Flüssigkeit zum Erfrischen, die mit Alkohol und einem Aroma vermischt ist. Ich nehme an, dass das die Flüssigkeit war, die die deutschen Reisenden bekommen haben. Noch eine weitere Aufgabe des Helfers ist den Gästen Tee, Kaffee, kalte Getränke oder auch Kekse anzubieten. Das kann man wie ein Geschenk aufgrund der hohen Gastfreundlichkeit sehen. Deshalb versucht in der Türkei auch niemand, dafür zu bezahlen *lacht*. Die Qualität der privaten Betriebe wird oft eng mit der Gastfreundlichkeit oder dem Service der Betriebe verbunden. Je mehr diese Betriebe dem Gast anbieten, desto besser soll die Qualität sein *schmunzelt*. Ich kann es also verstehen, dass der Busfahrer geschockt war, denn normalerweise kennen die Leute ja das System. Es gibt bei Busreisen auch kein Trinkgeld. In anderen Bereichen in der Türkei schon, zum Beispiel in Restaurants, Cafés oder bei Helfern auf Parkplätzen, aber im Bus ist das einfach nur Gastfreundschaft. In der Türkei ist Gastfreundschaft überall ganz hoch geschrieben. Auch bei offiziellen Gesprächen bekommt man zumindest einen Tee angeboten.